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Ungarn - Nationale Presseschau 
 
 
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Eine Demonstration und ihr Nachleben

Am 30. August 2002 18:30 bis ca. 20 Uhr fand in 
Budapest eine Demonstration für die Pressefreiheit mit ca. 
100.000 Teilnehmern vor dem Gebäude des ung. 
Fernsehens statt. Friedlich und ohne Zwischenfälle. 
Wesentliche Politiker, Intellektuelle, Künstler nahmen daran 
Teil und hielten Reden. Einer der Veranstalter, Direktor 
eines großen Budapester Theaters (Madách színház) Imre 
Kerényi bat vor der Demonstration darum, dass jeder 
Teilnehmer zur Demonstration folgende Gegenstände 
mitbringen soll.  
Eine 100-Forint-Münze 
Ein Doppelblatt einer postkommunistischen Zeitung 
Eine Blume 
Er hatte jedoch vorher nicht gesagt, zu welchem Zweck 
diese Gegenstände dienen sollten. 
Wie sich dann während der Demo klar wurde, dienten die 
Münzen dazu, die von der Presse stets in Frage gestellte 
Teilnehmerzahl annähernd nachzuweisen und die Kosten 
der Veranstaltung zu decken. (Reinigung und Aufräumen 
nach der Demo und zu wohltätigen Zwecken.) Die 
Zeitungsblätter mit den Blumen, einer Beerdigung gleich 
unter dem Motto „Beerdigung der Pressefreiheit“, 
verstreute man um das TV-Gebäude zum Abschluss der 
Veranstaltung. 
Imre Kerényi sagte unter anderem folgendes: „ nach der 
Meinung von 76% der Bevölkerung muss sich auch die 
Meinung der Opposition am Bildschirm des staatlichen 
Fernsehens widerspiegeln, jedoch diese Menge hat zur Zeit 
keine Stimme im Fernsehen“.  
„Die Regierenden treten die Pressefreiheit mit den Füssen, 
daher erklären wir heute den Sitz des Ung. Fernsehens 
MTV zur Totenbahre der Pressefreiheit und bedecken ihn 
mit den Blumen der Trauer.“ „Die Anwesenden bitten die 
europäischen Organisationen, die Ereignisse in Ungarn 
aufmerksam zu verfolgen und zu helfen, das 
Mediengleichgewicht herzustellen.“ Er erinnerte an die 
12-Punkte-Forderung der Jungrevolutionäre des Jahres 
1848: „Wir wünschen die Freiheit der Presse und die 
Abschaffung der Zensur.“ 
 
An der Veranstaltung hatten Reden gehalten: 
Anna Jókai, Schriftstellerin 
Imre Kerényi, Direktor des Theaters Madách Szinház 
Pokorni Zoltán - früherer Parteivorsitzender FIDESZ 
(Zurückgetreten, als er erfuhr, dass sein Vater in den 
sechziger Jahren unter Androhung von 9 Jahren Gefängnis 
(aus politischen Gründen) zur Spitzeltätigkeit gezwungen 
wurde. (Retourkutsche der Postkommunisten wegen der 
Entdeckung der "Stasi"-Tätigkeit von Medgyessy.) 
Orbán Viktor – früherer Ministerpräsident, FIDESZ 
Bayer, Zsolt – TV-Reporter und Journalist  
Hende, Csaba – Bürgerkreis, Vereinigung für die Nation 
 
Der Moderator des Abends war der bekannte Fernsehstar 
Philip 
Ein Visionsspiel (Video) von János Hanczár wurde von 
Philip und Gábor Reviczky vorgeführt 
Dann traten Tamás Réz und Rózsi Demjén auf 
Darauf folgte ein Gedicht von András Berecz 
Dann wurde ein Lied einer vielgekauften CD-Aufnahme mit 
dem Titel „Vorwärts Ungarn“ abgespielt. 
Attila Pataki sang das Lied „Findet die Quelle der 
Zufriedenheit“ zusammen mit den 100.000 Teilnehmern. 
Ein einmaliges Erlebnis! 
 
Auf der Bühne nahmen unter anderem die folgenden 
namhaften Persönlichkeiten Platz: 
Balás-Piri, László – Vizepräsident des Komitees für die 
Wiederherstellung der historischen Wahrheit 
Balogh, Gábor - Fünfkämpfer 
Bánffy, György - Schauspieler 
Egerszegi, Krisztina – Schwimmerin Olympia-Gold, 
EM-Gold 
Lovas, István – Journalist, Leiter des vorige Woche 
verbotenen „TV-Presseklubs“. Die nächste „Sendung“ 
(ohne TV-Übertragung) wurde im MOM-Kulturhaus am 
23. August abgehalten. Der Raum sowie die Straße vor 
dem Gebäude war mit einem begeisterten Publikum zum 
Bersten voll. 
Mészöly, Kálmán - Fußballer 
Kovács P., József – entlassener TV-Redakteur 
Kozma, Imre - Páter 
Tökéczki, László – Politologe 
Makovecz, Imre – vielfach ausgezeichneter international 
bekannter Architekt 
Melocco, György – Bildhauer 
 
Die Demonstranten hatten mit einer Schweigeminute an 
den von breiten Kreisen der Bevölkerung hochgeschätzten 
Balogh, János erinnert, der vor zwei Wochen im Alter von 
fast 90 Jahren verstorben ist. Professor János Balogh, 
Naturforscher und Umweltschützer war Mitglied der 
Ungarischen Akademie der Wissenschaften und nahm an 
zahlreichen politischen Veranstaltungen der bürgerlichen 
Seite aktiv Teil, man kann sagen bis zur letzten Minute 
seines Lebens. 
 
Zufall, dass die deutschsprachige Presse schweigt? Zufall, 
dass sie keine Bilder zeigen?  
Die postkommunistische Regierung Ungarns hat bereits fast 
100% der Medien in der Hand. Massenentlassungen, 
Verleumdungskampagnen, politische Lügen sind Alltag. Es 
wird jede kritische Persönlichkeit „erlegt“. „Die Jagd fängt 
jetzt an“, wie ein wegen kriminellen Delikten in erster 
Instanz verurteilter Straftäter (und Multimillionär, in Euro) 
in einer extra für ihn veranstalteter Fernsehsendung gedroht 
hatte. (Rätsel: wie kam er aus dem Hausarrest ins 
Fernsehen, wieso benutzt ihn die Regierungsseite als 
Unterstützer ihrer Politik? Übrigens sein Kumpel und 
„ehemaliger“ Geschäftspartner steht zur Zeit in Köln vor 
Gericht, wegen rechtswidriger Beschäftigung von 
Ausländern in Deutschland in großem Umfang) 
 
Medgyessys (Agent D-209) kommunistische 
Geheimagent-Vergangenheit wird mit allen Mitteln 
vertuscht. Man versucht, so gut wie ohne Beweise Politiker 
der bürgerlichen Seite zu beschmutzen und verstreut 
massenhaft falsche Beschuldigungen. Für diesen Zweck 
scheint ihnen selbst derjenige Politiker willkommen, der 
zwar selber nichts verbrochen hat, dessen Vater jedoch in 
den sechziger Jahren die Kommunisten unter Androhung 
von 9 Jahren Gefängnis zur Spitzeltätigkeit erpresst hatten.  
Die Konzeptionsprozesse der Kommunisten finden zur Zeit 
in Ungarn in den Medien statt.  
Mindestens die Hälfte des Landes, und auf jeden Fall der 
jüngere Teil, die jüngere Generation, findet sich damit aber 
nicht ab und geht gegen die Vernichtung der Pressefreiheit 
mit Demos und Veranstaltungen vor. 
Wer zu den ungarischen Ereignissen weiter schweigt, macht 
sich mitschuldig!

 

(c) Bettina Wagner - Diese Website wurde mit Hilfe von Populus generiert.
Letzte Änderung am 24.10.2002
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